Routineeingriffe unter der Geburt

Auf jeder Geburtenstation gibt es gewisse Routinen und Abläufe, die Gebärende gewissermaßen mittragen müssen. Ob du sie als sinnvoll erachtest oder nicht, spielt zumeist nur eine untergeordnete Rolle. Es ist oft auch für den Geburtspartner nicht leicht zu beurteilen, ob ein Eingriff nun tatsächlich notwendig ist oder einfach nur gemacht wird, weil das Personal es eben so gewohnt ist. Es lohnt sich, nachzufragen und idealerweise schon im Vorfeld herauszufinden, welche Routineeingriffe auf der Geburtenstation üblich sind bzw. wie vorgegangen wird, wenn man der jeweiligen Maßnahme nicht zustimmt.

Rasur, Einlauf, Venenzugang & Co.

Einige Abläufe können durchaus sinnvoll sein – es kommt immer darauf an, warum und wann ein Eingriff gemacht wird. Grundsätzlich darf und soll man darauf vertrauen, dass sowohl Hebammen als auch ÄrztInnen auf der Geburtenstation wissen, was sie tun und die Lage auch entsprechend einschätzen können. Dennoch ist Folgendes wichtig für dich: Du hast in einem bestimmten Ausmaß ein Mitspracherecht. In einer Notsituation wird man üblicherweise nicht lange verhandeln, schließlich gilt es, das Baby gesund auf die Welt zu bringen. Wenn Mutter und Kind jedoch wohlauf sind und sich die Geburt natürlich entwickelt, darf man gewisse Routinen durchaus hinterfragen.

„Ich habe selbst lange in Krankenhäusern gearbeitet und daher sind mir solche Routinearbeiten sehr geläufig. Als Teil des Personals denkt man manchmal aus tausend Gründen nicht mehr darüber nach, ob sinnvoll oder auch nicht. Oft hat man auch gewisse Vorgaben, die vielleicht nicht ausreichend hinterfragt werden. Es gibt natürlich Kolleginnen, die nachfragen. Sollte das nicht der Fall sein, scheue dich nicht davor zu sagen, wenn du etwas nicht möchtest. Ebenso kannst du immer hinterfragen, warum eine Rasur vorgesehen ist, ein Venenzugang gelegt wird, der Einlauf nötig ist oder das CTG ausgerechnet jetzt gemacht werden muss.“

Einlauf (=Darmspülung)

Ein Einlauf wird üblicherweise nach Bedarf gemacht. Viele Frauen haben vor der Geburt Durchfall oder eine erhöhte Stuhlfrequenz. Der Darm leert sich dadurch auf natürliche Art und Weise. Ein Einlauf würde in so einem Fall nichts (mehr) bringen. Ist der Darm aber voll, kann ein Einlauf durchaus von Vorteil sein.  Viele Frauen fühlen sich danach besser und haben dann auch weniger Sorge vor einem ungewollten Stuhlverlust während der Geburt.  

Rasur im Intimbereich

In vielen Krankenhäusern wird die Intimrasur nicht mehr routinemäßig gemacht und in der modernen Geburtshilfe geht man davon aus, dass die Rasur auch einfach überflüssig ist. Die Begründung lautet manchmal vielleicht, dass die Haare nur vorsichtshalber entfernt werden, falls ein Dammschnitt notwendig wäre oder Verletzungen auftreten. Die Infektionsgefahr ist in diesem Fall jedoch kein Argument. Sie ist gleich niedrig – unabhängig von der Behaarung im Intimbereich.

Venenkatheter (Braunüle)

Venenzugänge sind mittlerweile fixe Interventionen im Geburtsverlauf. Häufig bekommst du den venösen Zugang bereits beim Check-in und den ersten Wehen. Das erleichtert es für das Krankenhauspersonal – im weiteren Geburtsverlauf können Schmerzmittel, Wehenmittel und andere Substanzen über den Katheter verabreicht werden. Beim venösen Zugang handelt es sich um einen dünnen aber relativ festen, kleinen Plastikschlauch, der in eine Vene geschoben wird. Das Argument dafür ist üblicherweise immer eine Zeitersparnis im Notfall.  Man kann jedoch davon ausgehen, dass so ein Zugang im Falle des Falles von halbwegs routiniertem Personal sehr rasch gelegt werden kann. Das würde wiederum dagegensprechen, ihn bereits von Anfang an zu legen. Viele Frauen empfinden die Kanüle zudem als störend. Bei längerer Liegezeit besteht auch eine gewisse Infektionsgefahr.

Dammschnitt

Auf alle Fälle ist es ratsam, bei einem Informationsabend in der Entbindungsklinik nach der Dammschnittrate zu fragen. Lasse dir auch alle Gründe, die in dieser Klinik zu einem Dammschnitt führen, erläutern. Dammschnittraten bis zu 75 Prozent sind durchaus fragwürdig. Beträgt die Dammschnittrate mehr als 30 bis 40 Prozent, so ist dies ein Zeichen dafür, dass die Klinik nicht auf dem neuesten Stand der Geburtshilfe ist. Teilweise liest man, dass Dammschnitte mittlerweile eher nur in Ausnahmefällen gemacht werden, das ist jedoch nicht in jeder Klinik gleich. Die Zahlen variieren von Krankenhaus zu Krankenhaus zwischen 5 bis 75 Prozent. Erkundige dich in jedem Fall im Vorfeld bei der Klinik deiner Wahl! Nutze dazu auch gerne unsere Checkliste.

„Der Dammschnitt ist mittlerweile umstritten, da der Beckenboden geschwächt wird und dauerhafte Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auftreten können. Außerdem heilt ein Riss meistens nachweislich genauso gut oder schlecht wie ein Schnitt. Manchmal ist der Heilungsverlauf sogar besser. Wenn du möchtest, kannst du deinen Damm ab der 34. Schwangerschaftswoche mit einer Dammmassage vorbereiten.“

Einen ausführlichen Artikel zum Thema Dammschnitt findest du hier.

Grafik: wikimedia.org

CTG unter der Geburt als Rechtsgrundlage

Im Bereich Schwangerschaft gibt es bereits einen Artikel zum CTG.  Das CTG wird gegen Ende der Schwangerschaft gerne eingesetzt, um gewissermaßen ein wenig in deinen Körper hineinzuhören. Der Einsatz des Kardiotokografen bei Geburten kann durchaus als Routineeingriff bezeichnet werden, wenngleich er nicht invasiv ist. Bei unauffälligen Geburtsverläufen darf man sich durchaus die Frage stellen, was sich die Beteiligten von der CTG-Dauerüberwachung erwarten. Die Hebamme Clarissa Schwarz nimmt zu diesem Thema immer wieder bei internationalen Kongressen teil und forscht auch dahingehend. Sie berichtet von einer Forschungsarbeit: „Untersucht wurde der Einsatz des CTG bei „low-risk“-Schwangeren und man zum Ergebnis, dass das CTG für die Frauen nur insofern wichtig ist, als es ihnen Sicherheit vermittelt. Sie wollen hören, dass es ihrem Kind gut geht. Sie erleben, dass die Hebammen und Ärzte das nur können, wenn sie eine CTG-Untersuchung machen.“ Quelle DHZ/ Katja Baumgarten