WHO-Richtlinien für Schwangerschaft und Geburt
Die Weltgesundheitsorganisation WHO bringt sich ebenso wie in andere relevante Gesundheitsbereiche auch in die Geburtshilfe ein. Derzeit gibt es einige grundlegende Empfehlungen, die jedoch regelmäßig aktualisiert werden.
Prinzipiell basieren die Empfehlungen der WHO auf folgenden Grundhaltungen:
- Jede Frau hat ein grundlegendes Recht auf eine umfassende Betreuung in der Schwangerschaft.
- Die schwangere Frau steht bei allen Aspekten der Betreuung im Mittelpunkt und nimmt an der Planung, Durchführung und Beurteilung der Vorsorgemaßnahmen teil.
- Neben der medizinischen Vorsorge sind soziale, emotionale und psychische Faktoren entscheidend für eine umfassende Betreuung in der Schwangerschaft.
- Geburt ist keine Krankheit.
Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
- Die gesamte Öffentlichkeit sollte über die verschiedenen Verfahren der Geburtshilfe informiert sein, damit es jeder Frau möglich ist, die für sie richtige Art und Weise der Geburtshilfe zu finden.
- Die Ausbildung der Hebammen und aller Berufsgruppen, die die Frau und das Kind rund um die Geburt betreuen, muss gefördert werden. Die Betreuung einer normalen Schwangerschaft, bei der Geburt und im Wochenbett gehört zum Aufgabenbereich der Hebammen und der angrenzenden Berufe.
- Alle Krankenhäuser sollten den schwangeren Frauen Informationen über die von ihnen praktizierte Geburtshilfe (z.B. die Höhe ihrer Kaiserschnittrate) frei zugänglich machen.
- Kaiserschnitte sollen nur bei vorliegender medizinischer Begründung durchgeführt werden. Die Kaiserschnittrate sollte 10 – 15% nicht überschreiten.
- Ein Kaiserschnitt bedeutet nicht automatisch das gleiche Vorgehen weiteren Geburten. Nach einer solchen Operation, bei der die Gebärmutter an einer tiefliegenden Stelle geöffnet wurde, kann eine vaginale Entbindung angestrebt werden, wenn im Notfall schnell ein Eingriff durchgeführt werden kann.
- Es gibt keine Beweise dafür, dass routinemäßige elektronische Dauerüberwachung der kindlichen Herztöne einen positiven Einfluss auf den Ausgang der Geburt hat.
- Für eine Rasur der Schamhaare oder einen Einlauf vor der Geburt besteht kein zwingender Anlass – die Schwangere sollte in die Entscheidung miteinbezogen werden.
- Gebärende können ihre Geburtsposition und ihr Verhalten während der Wehentätigkeit frei wählen. Sie sollen angeregt werden, sich zu bewegen und verschiedene Positionen auszuprobieren, die sich gut anfühlen.
- Routinemäßige Dammschnitte sind nicht zu rechtfertigen. Generell sollten Interventionen jeglicher Art nur dann stattfinden, wenn sie medizinisch indiziert sind.
- Eine langsame Öffnung des Muttermundes ist noch keine ausreichende Indikation für die Verabreichung von Wehenmitteln. Jede Geburt benötigt ihre Zeit. Die Muttermundöffnung und das Voranschreiten der Geburt sollten stets individuell betrachtet und beurteilt werden. Die Verabreichung von Wehenmitteln sollte nur nach strenger medizinischer Indikation erfolgen.
- Schmerzstillende und betäubende Medikamente sollten nicht routinemäßig, sondern nur zur Behandlung oder Verhütung einer Geburtskomplikation eingesetzt werden.
- Für eine frühzeitige Eröffnung der Fruchtblase als Routineeingriff gibt es keine wissenschaftliche Begründung.
- Sofern es Gesundheitszustand von Mutter und Neugeborenen erlauben, ist ein frühes Bonding Mutter und Kind sollen nach aller Möglichkeit nicht getrennt werden.
- Nach der Geburt sollte der Mutter möglichst bald Gelegenheit zum Stillen gegeben werden (frühe Stillförderung – Baby Friendly Hospitals)
- Geburtshilfliche Einrichtungen, die mit dem Einsatz von Technik kritisch umgehen und emotionale, psychische und soziale Aspekte in den Vordergrund stellen bzw. sich an den WHO Leitlinien orientieren, sollen gefördert werden. Die können als Modellprojekte für andere geburtshilfliche Einrichtungen fungieren und die Einstellung zur Geburtshilfe in der Öffentlichkeit positiv beeinflussen.
Basis dieser Empfehlungen der Bericht Appropriate Technology for Birth der Weltgesundheitsorganisation von 1985. Seitdem gibt es laufend Aktualisierungen und Anpassungen, die wir ebenso in die oben genannten Empfehlungen aufgenommen haben. Die aktuellsten Empfehlungen stammen aus der WHO-Publikation „Intrapartum care for a positive childbirth experience“ („Geburtsbetreuung für eine positive Geburtserfahrung“)
Die Weltgesundheitsorganisation empiehlt zur Geburt:
Auch wenn diese Stellungnahme schon sehr alt ist, sind die Forderungen leider aktueller denn je.
WHO-Empfehlungen zur normalen Geburt (1995)
Prinzipiell gehen diese Empfehlungen davon aus,
... dass jede Frau ein grundlegendes Recht auf eine umfassende Betreuung in der Schwangerschaft hat.
... dass sie bei allen Aspekten dieser Betreuung im Mittelpunkt steht und an der Planung, Durchführung und Beurteilung der Vorsorgemaßnahmen teilnimmt.
... dass neben der medizinischen Vorsorge soziale, emotionale und psychische Faktoren entscheidend sind für eine umfassende Betreuung in der Schwangerschaft.
Geburt ist keine Krankheit
1. Die gesamte Öffentlichkeit sollte über die verschiedenen Verfahren der Geburtshilfe informiert sein, damit es jeder Frau möglich ist, die für sie richtige Art und Weise der Geburtshilfe zu finden.
2. Die Ausbildung der Hebammen und aller Berufsgruppen, die die Frau und das Kind rund um die Geburt betreuen, müssen gefördert werden. Die Betreuung einer normalen Schwangerschaft, bei der Geburt und im Wochenbett gehört zum Aufgabenbereich der Hebammen und der angrenzenden Berufe.
3. Alle Krankenhäuser sollten den schwangeren Frauen Informationen über die von ihnen praktizierte Geburtshilfe (z.B. die Höhe ihrer Kaiserschnittrate) frei zugänglich machen.
4. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für eine Kaiserschnittrate über 10 bis 15 %.
5. Einmal Kaiserschnitt muss nicht für alle folgenden Geburten auch Kaiserschnitt bedeuten. Nach einer solchen Operation, bei der die Gebärmutter an einer tiefliegenden Stelle geöffnet wurde, kann eine vaginale Entbindung angestrebt werden, wenn im Notfall schnell ein Eingriff durchgeführt werden kann.
6. Es gibt keine Beweise dafür, dass routinemäßige elektronische Dauerüberwachung der kindlichen Herztöne einen positiven Einfluss auf den Ausgang der Geburt hat.
7. Für eine Rasur der Schamhaare oder einen Einlauf vor der Geburt besteht kein Anlass.
8. Während der Wehentätigkeit sollten schwangere Frauen nicht auf dem Rücken liegen. Sie sollten angeregt werden, während der Wehen herumzulaufen und sich frei zu entscheiden, in welcher Position sie gebären möchten.
9. Routinemäßige Dammschnitte sind nicht zu rechtfertigen.
10. Geburtseinleitungen sollte nicht aus Bequemlichkeit stattfinden. Verabreichung von Wehenmitteln sollte nur nach strenger medizinischer Indikation erfolgen.
11. Schmerzstillende und betäubende Medikamente sollten nicht routinemäßig, sondern nur zur Behandlung oder Verhütung einer Geburtskomplikation eingesetzt werden.
12. Für eine frühzeitige Eröffnung der Fruchtblase als Routineeingriff gibt es keine wissenschaftliche Begründung.
13. Das gesunde Neugeborene gehört zu seiner Mutter, wenn es der Zustand von beiden erlaubt. Die Beobachtung des Kindes rechtfertigt nicht die Trennung von der Mutter.
14. Nach der Geburt sollte der Mutter möglichst bald Gelegenheit zum Stillen gegeben werden.
15. Geburtshilfliche Einrichtungen, die mit dem Einsatz von Technik kritisch umgehen und emotionale, psychische und soziale Aspekte in den Vordergrund stellen, sollten bekannt gemacht werden. Diese Projekte sollten gefördert werden, um als Modelle für andere geburtshilfliche Einrichtungen zu dienen und die Einstellung zur Geburtshilfe in der Öffentlichkeit zu verändern.
16. Regierungen sollten über die Schaffung von Bestimmungen nachdenken, die den Einsatz neuer Geburtstechnologien nur nach angemessener Prüfung erlauben.
Diese Empfehlungen sind Teil des im April 1985 veröffentlichten Berichtes Appropriate Technology for Birth der Weltgesundheitsorganisation.