Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)

Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes ist eine spezielle Form der Zuckerkrankheit, die sich während einer Schwangerschaft entwickeln kann. Meist tritt sie im letzten Schwangerschaftsdrittel auf und verschwindet unmittelbar nach der Geburt wieder. Der Schwangerschaftsdiabetes zählt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen, er wird bei etwa drei Prozent aller Schwangeren nachgewiesen.

Symptome

Der Gestationsdiabetes betrifft meist übergewichtige Frauen sowie Frauen, in deren Familien bereits einmal ein Typ-2- oder sogar Gestationsdiabetes aufgetreten ist. Woran merkt die Schwangere, dass ihr Blutzuckerspiegel erhöht ist? Diese Form der Zuckerkrankheit verläuft oft ohne Beschwerden. Sie wird deshalb überwiegend erst durch Suchtests gefunden. Werden diese nicht durchgeführt, so wird die Erkrankung meist erst durch Folgeerscheinungen auffällig (z. B. starke Zunahme der Fruchtwassermenge, abnormales Größenwachstum des Kindes = Fötale Makrosomie) oder aber auch durch starken Durst oder Harndrang. Nur selten treten bei einer Schwangeren Symptome auf, wie sie bei einem Diabetes mellitus Typ 1 üblich sind.

Wissenswert: Betroffene Frauen haben später ein erhöhtes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln (man geht von etwa 9 % aller Schwangeren später an Typ-2-Diabetes erkranken). Außerdem besteht während Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für Gestose-Erkrankungen, wie den schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck oder Krampfanfälle.

Ursachen einer Schwangerschaftsdiabetes

Schwangerschaftshormone und Hormone, die der Mutterkuchen (Plazenta) bildet, wirken unter anderem blutzuckererhöhend. Insulin ist dagegen das einzige blutzuckersenkende Hormon des Körpers. Die Schwangerschaft stört das Gleichgewicht zwischen blutzuckererhöhenden Hormonen und dem blutzuckersenkenden Hormon Insulin. Die Bauchspeicheldrüse der Schwangeren muss also immer größere Mengen an Insulin produzieren. Kann die Schwangere den erhöhten Bedarf an Insulin nicht durch eine verstärkte Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse ausgleichen, entwickelt sich der Gestationsdiabetes. Nach der Geburt nimmt der Insulinbedarf ab und der Schwangerschaftsdiabetes verschwindet wieder. 80 Prozent aller Frauen, die einen Gestationsdiabetes entwickeln, leiden während einer zweiten Schwangerschaft erneut daran.

Diagnose

Schwangerschaftsdiabetes verläuft meist ohne Beschwerden. Etwa ab dem letzten Schwangerschaftsdrittel steigt der Insulinbedarf stark an. Dies erklärt auch, warum der Gestationsdiabetes oft erst nach der 24. Schwangerschaftswoche erkannt wird. Er lässt sich durch die Bestimmung des aktuellen Blutzuckers oder durch einen Glukosetoleranztest feststellen. Heute empfiehlt man grundsätzlich bei jeder Schwangeren einmal zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche einen Zuckerbelastungstest durchzuführen. Bei Vorliegen von Risikofaktoren ist diese Untersuchung sogar als zwingend erforderlich anzusehen.

Beim Zuckerbelastungstest unterscheidet man den einfachen 50-g-Suchtest (Screening), bei dem eine Stunde nach Verabreichung von 50 Gramm Glukoselösung der Blutzuckerwert bestimmt wird. Liegt dieser über 135 mg/dl, so besteht der Verdacht auf Vorliegen eines Gestationsdiabetes. Dieser vereinfachte Test kann problemlos beim Frauenarzt/ der Frauenärztin oder beim Hausarzt durchgeführt werden.

Die endgültige Klärung erfolgt durch einen anschließenden oralen Zuckerbelastungstest, bei dem nüchtern sowie eine und zwei Stunden nach Verabreichung von 75 Gramm Glukose der Blutzuckerwert bestimmt wird. Bei grenzwertigen Untersuchungsergebnissen sollte der Zuckerbelastungstest nach drei bis vier Wochen wiederholt werden.

Gestationsdiabetes als Risikofaktor

Der Gestationsdiabetes kann für Mutter und Kind gefährlich sein. Daher gilt er auch als „echter“ Risikofaktor in der Schwangerschaft. Mögliche Folgen sind die starke Zunahme der Fruchtwassermenge und ein abnormales Größenwachstum der Kinder (fötale Makrosomie). Bei der Geburt wiegen sie meistens mehr als 4000 Gramm. Aufgrund der großen Gewichtszunahme kann es zu Problemen während der Geburt kommen, die auch für das Kind belastend sind. Häufig wird ein Kaiserschnitt  durchgeführt.

Auch die Ausreifung des ungeborenen Kindes kann verzögert ablaufen. Besonders bedeutsam ist die langsamere Ausreifung der kindlichen Lungen. Auch Stoffwechselstörungen und Verschiebungen im Salzhaushalt des Kindes sind zu beobachten. Die größte Gefahr liegt in den Störungen der Entwicklung des Mutterkuchens (Plazenta), die zu einer kindlichen Mangelversorgung und sogar zum Absterben des Kindes führen können. Schwangere mit einem Gestationsdiabetes leiden häufiger an Infektionen, beispielsweise der Harnwege, und sie entwickeln gehäuft eine Gestoseerkrankung (Präeklampsie). Durch eine frühzeitige Normalisierung des mütterlichen Zuckerstoffwechsels lassen sich die Risiken für Mutter und Kind erheblich verringern.

Nach der Geburt: neigen die Neugeborenen von Müttern mit einem Gestationsdiabetes zur Unterzuckerung. Durch regelmäßige Kontrollen innerhalb der ersten 48 Lebensstunden und gegebenenfalls Zufütterung von Traubenzuckerlösung lassen sich Schäden zuverlässig vermeiden. Kindliche Fehlbildungen treten nur bei einem schlecht eingestellten insulinpflichtigen Diabetes Typ 1, nicht jedoch beim Gestationsdiabetes deutlich gehäuft auf.

Quelle: Leitlinien der deutschen Diabetesgesellschaft