Bilderbuchschwangerschaft und dann das

Nach langer Zeit habe ich mich endlich dazu durchgerungen, die Geburt von meinem kleinen Schatz niederzuschreiben. Aber Achtung, es ist lang… Wie im Titel schon zu lesen ist, war die Schwangerschaft ein Traum. Ich hatte keins der sonst üblichen Wehwehchen, nur ein paar Schwangerschaftsstreifen am Bauch. Demnach war ich eigentlich ganz frohen Mutes und freute mich auch schon richtig auf die Geburt und die Schmerzen, ich wollte das alles ganz bewusst erleben. Aber wie das Leben so spielt, es kam alles ganz anders. Es war Samstag, der 2. Juni 2006, als um 01.00 Uhr die Wehen ganz leicht anfingen. Wir hatten bis dahin gerade mal 2 Stunden geschlafen. Ich dachte mir, es wird wieder ein Fehlalarm wie schon eine Woche zuvor sein und stand auf, um mich im Wohnzimmer an die Atemübungen aus dem Geburtsvorbereitungskurs zu erinnern. Nach einer Stunde weckte ich meinen Mann, damit ich in die Badewanne konnte, um zu testen, ob die Wehen bleiben oder nicht. Und siehe da, sie gingen nicht wieder weg, sondern wurden kräftiger und kamen nun schon regelmäßig alle 10 Minuten. Weil es mir aber noch gut ging und ich die Wehen auch gut veratmen konnte, blieben wir noch bis 3.30 Uhr zu Hause, erst dann fuhren wir in die Klinik. Bei der Aufnahmeuntersuchung war der Muttermund fingerdurchlässig. Die nächste Untersuchung folgte um 6.00 Uhr, da lag er bei einem Zentimeter und die Wehen wurden wieder schwächer. Mein Mann und ich gingen fleißig spazieren, frühstückten und versuchten zwischendurch wieder etwas zu schlafen. Aber wie jede Frau weiß, die schon mal ein Kind geboren hat, man kann nicht schlafen, wenn man Wehen hat!!!

 

Nun hatte ich also meine Wehen

war aber innerlich überhaupt nicht bereit für die Geburt. Das wirkte sich natürlich auf die Intensität aus. Als um 12.00 Uhr die nächste Untersuchung gemacht wurde, war der Muttermund immerhin schon 4 cm geöffnet.

Um mich zu entspannen und die Geburt voran zu treiben, ging ich baden und das 1 ½ Stunden lang. Die Wehen wurden stärker und auch die Abstände verkürzten sich jetzt wieder auf alle 3 Minuten. Doch nach dem Bad war der MuMu-Befund immer noch der gleiche.

Der Chefarzt sprengte um 14.00 Uhr die Fruchtblase und sofort wurden die Wehen richtig heftig. Durch meine Müdigkeit und die lange Zeit, die das ja nun schon dauerte, hatte ich leider keine Kraft mehr, um die Wehen zu veratmen und zu ertragen. Ich wollte, obwohl vorher kategorisch abgelehnt, eine PDA.

Als die gelegt war und zu wirken anfing, bekam ich fast nichts mehr mit, zumindest kann ich mich heute an nichts mehr erinnern, außer das ich etwas geschlafen habe.

Um 20.00 Uhr war der Muttermund dann schon auf 8 cm, aber die Wehen wurden immer wieder mal schwächer. Gegen 23.00 Uhr war der MuMu dann ganz auf, aber die Wehenintensität wieder viel zu schwach. Also wurde mir nun etwas gespritzt, das sie wieder stärker werden lässt und nebenbei hatte ich ja noch die PDA.

Als die Wehen dann die gewünschte Stärke hatten, durfte ich pressen, aber ich fühlte nicht wohin. Die Hebamme versuchte, mich durch Druck zu leiten, aber die PDA war so „gut“ gelegt, das ich gar nichts merkte. Irgendwie hatte ich dann doch Gefühl dafür und konnte endlich etwas mithelfen. Es dauerte noch etwas, da der Kleine in einer Wehenpause wieder zurückrutschte und das die Hebamme noch nicht mal merkte, aber um 00.01 Uhr war er dann endlich auf der Welt!!! Der Papa hat dann die Nabelschnur durchgeschnitten. Während ich genäht werden musste, durfte er schon mit unserem Spatz schmusen. Im Elternzimmer konnten wir dann beide unseren Liebling begrüßen und zum ersten Mal stillen.

Abschließend kann ich sagen, das nichts so gekommen ist, wie ich es mir gewünscht/ vorgenommen habe und ich hab dieses Erlebnis auch heute noch nicht verarbeitet. Ich bin auf irgendeine Art und Weise enttäuscht von mir und hätte uns beiden einen richtig schönen Empfang gewünscht und nicht so etwas. Ich fühlte mich hilflos, überfordert und verlassen, obwohl mir mein Mann die ganze Zeit mit starken Zahnschmerzen beigestanden hatte. Aber so ist das wohl, wenn man zu viel erwartet.

Trotzdem bin ich froh, das es Fabian heute gibt und das wir das so durchgestanden haben, es schweißt die Familie zusammen.

Ich hoffe, mein Bericht macht niemandem Angst. Er soll nur deutlich machen, das die Geburt zwar an sich nicht so schön sein kann und trotzdem aber nur das Ende zählt und das liegt friedlich schlafend in seinem Bettchen und wird von uns beiden über alles geliebt!!!

 

Als wir die lange Geburt dann endlich hinter uns gebracht hatten

durften wir im Elternzimmer unseren kleinen Schatz begrüßen und in aller Ruhe beschnuppern. Das erste Anlegen funktionierte richtig gut, ich war echt überrascht. Es war mittlerweile schon 2.00 Uhr und mein Mann wollte dann doch mal etwas schlafen, also fuhr er heim und versprach mir am nächsten Morgen ganz früh zu kommen. Fabian und ich wurden auf die Station gebracht und konnten zum ersten Mal unsere Zweisamkeit genießen.

In der Nacht musste mir die Schwester Fabian zum Trinken bringen, weil ich durch die PDA meine Beine noch nicht richtig unter Kontrolle hatte, aber am Morgen klappte das schon richtig gut.
Fabian wurde untersucht und der Arzt machte dabei ein seltsames Gesicht. Ihm gefiel nicht, das Fabian so schnell atmete und das er blass war. Es wurde Blut abgenommen und mittags kam das Ergebnis: nichts auffälliges. Also machten wir uns keine weiteren Sorgen und freuten uns über unseren kleinen Liebling. Das Stillen klappte gut und schlafen wollte der kleine Kerl nur bei mir, die Geburt saß ihm wohl noch im Nacken.


Am nächsten Morgen wurde er wieder untersucht, der O-Ton des Kinderarztes: „Das ist ja heute schon um Lichtjahre besser als gestern. Er atmet nicht mehr zu schnell und eine tolle Farbe hat er auch bekommen. Wir nehmen aber trotzdem nochmals Blut ab.“ Ich fragte ihn, wie es denn mit der Entlassung aussieht, es ist ja alles in Ordnung. „Och“ sagte er, „spätestens am Dienstag können Sie nach Hause gehen.“ Juhuu! Das war doch mal eine gute Nachricht, endlich heim, wo ich mich wieder wohlfühlen konnte! Aber es sollte ganz anders kommen.

 

Mein Baby in der Kinderklinik

Mittags kamen eine Schwester und eine Kinderärztin ins Zimmer und sagten mir, das mit den Blutwerten etwas nicht passt. Sie würden Fabian um 15.00 Uhr abholen, auf die Kinderstation verlegen und dort Untersuchungen machen.
Uff, das hatte gesessen!

 


Wir beide waren total verstört und fingen an zu weinen. Es schien alles so unwirklich. Wir haben uns immer wieder gesagt, das es nichts schlimmes sein kann, wo doch der Kinderarzt noch vorhin meinte, das es Fabian um Lichtjahre besser geht!
Als wir dann um 16.00 Uhr auf die Kinderstation gingen, brach es mir fast das Herz. Ich sah meinen kleinen Wurm dort im Wärmebett liegen, total verkabelt, eine Sonde am Kopf und eine Menge Schwestern um ihn rum. Er weinte herzzerreissend. Ich bin sofort zu ihm hin und hab ihn versucht zu trösten, aber ich konnte ihn ja nicht mal auf den Arm nehmen. Mit Tränen in den Augen versuchten wir, Fabian Mut zu machen, wir wussten ja zu dem Zeitpunkt noch nichts genaues.

Als ich dann eine Schwester fragte, was das Ganze zu bedeuten hat, erklärte sie mir, das Fabian einen zu hohen CRP-Wert hat, Antibiotika bekommen muss und im Wärmebett bleibt, damit sie ihn atmen sehen können. Das war der erste Hammer! Wir wurden nicht gefragt, ob wir einverstanden sind, das er Antibiotika bekommt.
Die nächsten zwei Tage sahen so aus, das wir keinen Arzt zu Gesicht bekommen haben, der uns über die Behandlung aufklärt hat, wir haben immer wieder darum gebeten. Ich wollte genau wissen, was der CRP-Wert überhaupt ist. Es konnte oder wollte mir keiner erklären. Erst in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war eine sehr nette Nachtschwester da, die mir geduldig meine Fragen beantwortete.


Nun war ich noch auf der Wöchnerinnenstation und war den ganzen Tag mit meinem Mann bei Fabian, zum Stillen wurde er aus dem Bett genommen und danach aber gleich wieder reingelegt, also nichts mit kuscheln. Nachts haben die von der Kinderstation dann auf meinem Zimmer angerufen, wenn Fabian aufgewacht ist und Hunger hatte. In dieser Zeit lernte er von den „netten“ Schwestern auch den Schnuller kennen, obwohl ich das ausdrücklich verboten hatte (es stand sogar auf der Akte)!


Am Mittwoch wurde ich dann von der Wöchnerinnenstation entlassen und ließ mich als Begleitperson auf der Kinderstation einschreiben. Fabian musste nicht mehr ins Wärmebett, sondern konnte endlich in diesem Babybett schlafen. Die Kabel für die Sauerstoffsättigung, Herzschlag, etc. sowie die Infusion am Kopf waren aber immer noch dran. Ich wurde mit ihm in ein Zimmer gelegt, in der noch eine Frau mit kleiner Tochter war, die an denselben Geräten wie Fabian hing. Jedesmal, wenn sich die Zwerge bewegten, verrutschten die Sensoren und machten keinen Kontakt mehr, also ging der Alarm an. Dann klebten die Elektroden nicht mehr, wieder Alarm! Es war eine nervliche Zerreißprobe, man denkt ja in jedem Augenblick, das etwas mit dem eigenen Kind ist! Die Frau und ich waren kurz davor, eigenmächtig alle Kabel zu entfernen, damit wir wenigstens ein bisschen schlafen konnten.

Durch dieses ganze Gewusel war auch noch die Sonde am Kopf verrutscht und musste neu gelegt werden. Mein Mann konnte das Weinen unseres Kindes dabei nicht ertragen und ging raus. Ich versuchte, stark zu bleiben und mein Baby zu beruhigen, obwohl ich am liebsten davongelaufen wäre. Fabian hat in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie so geweint wie in diesem Moment, ich war so schwer für mich.

Mein Mann und ich waren starr vor Angst, konnten das alles irgendwie nicht glauben und waren nicht fähig, darüber zu sprechen, geschweige denn Fragen an die Zwei zu stellen.Kurz vor 15.00 Uhr kamen sie dann wieder, aber Fabian stillte gerade. Sie fragten mich, wie lange das wohl noch dauern würde. Woher sollte ich das wissen? So lange kenne ich mein Kind noch nicht. „Wir kommen in einer Viertelstunde wieder, bis dahin muss er fertig sein.“ Er war natürlich nicht fertig und ich musste ihm das erste mal die Brust entziehen. Sie nahmen ihn mit und wollten erstmal ein paar Untersuchungen durchführen. Wir sollten in einer Stunde auf die Kinderstation kommen, damit sie mit uns die Behandlung durchsprechen konnten.

 

Na endlich!!

Am nächsten Morgen konnte die Nachtschwester den Arzt überzeugen, das die Geräte nicht mehr notwendig sind. Endlich Ruhe! Die nächsten zwei Tage verliefen sehr ruhig, wir waren schon fast an das Krankenhaus gewöhnt. Das Stillen klappte trotz aller Belastungen super, nur meine Brustwarzen waren wund geworden. Aber das sollte uns ja nicht aufhalten.

Am Samstag war dann Chefarzt-Visite und da wurde uns mitgeteilt, das wir am Sonntag endlich nach Hause gehen könnten.

Fabian würde am Abend seine letzte Dosis Antibiotika bekommen. Wir waren überglücklich, ich kann das gar nicht in Worte fassen. Sonntagmorgen, am 10. Juni 2006, kam der Papa ganz stolz mit der Babyschale und sagte: „Kommt, meine Lieben, jetzt bringe ich euch heim.“ Seine Worte waren nach dieser anstrengenden Zeit wie Balsam für die Seele, trotzdem schien es immer noch unwirklich. Erst als wir dann im Auto saßen, wusste ich: „Jetzt ist alles vorbei und unser Leben fängt an.“

Bei der nächsten Untersuchung von unserer Kinderärztin erfuhren wir, das dieses ganze TamTam nicht notwendig gewesen wäre. Der CRP-Wert war nicht so hoch, als das man hätte so schnell und heftig eingreifen müssen. Die Ärzte hätten durchaus noch 2-3 Tage warten und schauen können, ob sich das nicht wieder von selbst gibt. Aber naja, passiert ist passiert. Wir wissen zwar heute lediglich nur, das der CRP-Wert ein Entzündungswert sein soll, aber ich hoffe, ich muss das nie wieder wissen wollen.


Es kann sein, das der Text etwas durcheinander ist, es fällt schwer, den Faden nicht zu verlieren, wenn ständig alles hochkommt und man wieder die gleichen ohnmächtigen Gefühle spürt, die man damals hatte.
Aber unser Leben hat ja angefangen und diese Geschichte ist; Gott sei Dank, endlich vorbei.